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Auszug aus dem Buch

„WOLFGANG – Geschichte, Gegenwart und Ausblick“

Eine Erzählchronik von Ilse Werner – Herausgeber: Wolfgänger Geschichtsverein e.V.

Verlag concon, Hanau 2013  

 

Gesellschaftliches Leben (Seite 150/151)

Geschichten vom Lockenkopf

Auch schriftstellerische Talente hat die kleine Zivilgemeinde Wolfgang hervor gebracht. In drei prallen Bänden

hat Ursula Essling „Erinnerungen eines nicht immer braven Kindes” herausgegeben, die Wolfgang in den fünfziger

und sechziger Jahren aus der Sicht eines sehr munteren Kindes spiegeln, das über erstaunliche Ideen,

herzerfrischende Formulierungstalente und kritischen Humor verfügt.

Das Wolfgänger Kind – von seiner Umgebung meist unterschätzt – mauserte sich als begabte Erzählerin,

die 600 spannende Seiten über ihre Kindheitserlebnisse im Nachkriegs-Wolfgang geschrieben hat. Diese Bücher

geben auch ein Stück Lokalgeschichte wieder, die festgehalten zu haben von großem Wert ist. Die Autorin hat

in ih­ren Büchern der Gemeinde Wolfgang zwar den Namen Kattenbach verpasst und einige Personen- und

Ortsnamen leicht verfremdet, jeder Wolfgänger erkennt jedoch seine Gemeinde und auch die eine oder andere

Person.

Ursula Essling hat ihre Geschichten keineswegs als sentimental-süße Kindheitser­innerungen aufgeschrieben,

wie der Titel vermuten lässt. Dieser Lockenkopf ist sehr eigenwillig und kann die Notzeiten nach dem Zweiten

Weltkrieg, als die Familie in Hanau ausgebombt war und dann in eine kleine, halbzerstörte Wohnung nach Wolfgang

zog, lebendig und unterhaltsam, aber auch kritisch schildern. Familien- und Schulle­ben, auch die Beobachtung

der Erwachsenenwelt mit ihren Eigenheiten und Sprüchen („das hat es unter Hitler nicht gegeben") haben mitunter

dokumentarischen Wert. Damals gab es noch Kohleferien, das heißt, die Schulräume konnten wegen Kohlen­mangel

nicht geheizt werden. Der Mantel der kleinen Ulrike war aus einer gefärbten amerikanischen Wolldecke genäht.

Als sie die Mutter mal im Krankenhaus besuchte, standen im Krankensaal noch zwölf Betten. Die Amerikaner traten

mitunter erschre­ckend und wüst, meist aber großzügig und freundlich auf. Und die Schilderung von der Tante,

„die einen Ami hatte” und dadurch, wie auch eine junge Frau nebenan, ihre Familie mit Lebensmitteln versorgen

konnte, ist herzerfrischend. Die Schwarzmarkt­geschäfte mancher Leute und die dazu gehörigen Razzien, die

Osterwiese und die wilden Blumen in der Bulau, das Auftreten eines neuen Lehrers, der mal nicht mit dem

Schlüsselbund wirft oder mit seinem Stöckchen schlägt, waren prägende Erfahrungen. Ursula Essling gibt auch die

kindliche Plage mit Schillers überlangem „Gedicht von der Glocke” in der Schule wieder, die ihre Nachbarin so

verkürzte: „Loch gebuddelt, Guss darin, Glocke fertig, bim, bim, bim.”

Der Vater und alle Nachbarn arbeiteten „hinten”, in der Kunststofffabrik. „Früher gab es hier viel mehr Wald und

deshalb versteckte der Kaiser darin eine Pulverfabrik”, schrieb sie in einem Schulaufsatz. „Es war immer etwas los hier”,

erfährt man. Und erzählt wird das alte Gerücht, dass es hier von Anfang an viele Spione gab, die sich als

Landschaftsmaler ausgaben. Die schweren Unglücksfälle in der Pulverfabrik kom­mentiert das Mädchen Ulrike:

„So furchtbare Dinge können mit Waffen passieren, auch ohne Krieg. Was nützt den verbrannten Mädchen das

Denkmal auf dem Friedhof oder der Dank des Vaterlandes?“

 

 

 

 

 

 

Ursula Essling

 

 

Und das Lockenköpfchen vergleicht die Auheimer mit den Wolfgängern: „Du musst dort über ein Jahrhundert

ansässig sein, wenn Du dazugehören willst. Selbst nach 50 Jahren bleibst Du ein Zugezogener und ein Außenseiter.

Bei uns in Kattenbach (Wolfgang) halten alle Leute zusammen und helfen sich gegenseitig, bei jedem weiß man,

wo man dran ist und hier passiert auch immer etwas.“

 

 

 

 

 

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